11. Mai 2020

Fragen an Andreas Lenz-Vorstandsvorsitzender der BKK Pfalz

11. Mai 2020

Das Image der Krankenkassen ist eher eines des Kostenträgers bei Erkrankungen. Dass durch viele Krankenkassen aktuell ein Ruck in Richtung digitale Angebote geht, konnten wir im Interview mit Andreas Lenz feststellen. „Abseits der konkreten Leistungen werden wir zunehmend als Berater in den Fragen einer gesunden Lebensführung wahrgenommen. Die Versicherten, die heute aktive Zeit dafür aufwenden sich mit dem Thema: „Wie und womit bleibe ich möglichst lange von Krankheiten verschont?“ zu beschäftigen, werden morgen weniger Ressourcen verbrauchen. Unsere Aufgabe wird es künftig noch stärker sein, dem Versicherten dazu neutrale Informationen und digitale Hilfsmittel an die Hand zu geben.“

PreventON

prevent.on: Krankenkassen möchten sich immer mehr in Richtung Gesundheits- oder Präventionseinrichtungen entwickeln. Die Untersuchung zu den Infektionen bei Sars-Cov-2- Patienten lässt Rückschlüsse zu, dass neben dem Alter auch andere gesundheitliche bzw. Lebensstilfaktoren einen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung haben. Gibt es Bestrebungen von Seiten der BKK vor diesem Hintergrund noch mehr in den Bereich Prävention und Abbau von Risikokonstellationen zu investieren? Wenn ja, wie?

Lenz: Mir fällt dazu ein Zitat von Sebastian Kneipp ein: „Wer nicht jeden Tag etwas für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.“

Wenn das stimmt, wovon ich überzeugt bin, gibt es für uns als BKK Pfalz nur einen richtigen Weg: Wir müssen möglichst viel Engagement und finanzielle Mittel in die Aufklärung und Überzeugungsarbeit für unsere Versicherten investieren. Die Versicherten, die heute aktive Zeit dafür aufwenden sich mit dem Thema: „Wie und womit bleibe ich möglichst lange von Krankheiten verschont?“ zu beschäftigen, werden morgen weniger Ressourcen verbrauchen. Unsere Aufgabe wird es künftig noch stärker sein, dem Versicherten dazu neutrale Informationen und digitale Hilfsmittel an die Hand zu geben. Und das Ganze muss Spaß machen, damit es auch genutzt wird.  

 

prevent.on: Die Anfragen der Versicherten haben sich in den letzten Jahren sehr verändert. Viele Menschen sind in diesen Zeiten verunsichert, wie sie sich richtig verhalten sollen. Haben sich aus Sicht der BKK die Anliegen der Versicherten geändert? Wird eine Krankenkasse von ihren Versicherten auch als Beratungsunternehmen wahrgenommen?

Lenz: Das erleben wir nahezu tagtäglich. Vom Kinderwunsch bis hin zur palliativen Versorgung werden wir von unseren Versicherten als kompetenter und verlässlicher Kümmerer eingebunden. Genau das ist auch unser Verständnis von einer guten Kundenbeziehung. Aber auch abseits der konkreten Leistungen werden wir zunehmend als Berater in den Fragen einer gesunden Lebensführung wahrgenommen. Für uns ist es dabei sehr wichtig jedem Versicherten in seiner jeweiligen realen Lebenssituation praktikable und möglichst breit gefächerte Möglichkeiten aufzuzeigen. Hier immer passende, qualitativ hochwertige Angebote zielgenau anbieten zu können ist allerdings eine große Herausforderung. 

 

prevent.on: Eines Ihrer Kernanliegen als Betriebskrankenkasse ist die Unterstützung von Unternehmen und deren Versicherten. Kurzarbeit und auch Arbeitsplatzverlust sind aktuelle Themen in Deutschland. Wie kann die BKK Pfalz/wie können Krankenkassen den ihr verbundenen Unternehmen hier proaktiv auch in Zeiten von Arbeitsplatzunsicherheit Unterstützung leisten?

Lenz: Zunächst ist auch hier entscheidend, in erster Linie für die Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Versicherten ein offenes Ohr zu haben. Alleine sich die Zeit zu nehmen und anzuhören, in welcher misslichen Situation sich das Gegenüber gerade befindet, ist sehr viel wert. Bei uns gibt es keine Gesprächsbegrenzung auf 2-3 Minuten. Wir hören zu, fragen nach und versuchen individuelle, ernsthafte Lösungen anzubieten. Dass kann die Stundung von Beiträgen sein, oder auch das Angebot eines Online-Coaches bei Ängsten oder beginnenden Depressionen. Was genau an Hilfe benötigt wird ist dabei immer sehr unterschiedlich und manchmal hilft auch nur das geduldige Zuhören.

prevent.on: Welcher Fall, welche Konstellation oder auch welche Hilfsmaßnahme hat Sie in den vergangenen Woche besonders berührt und warum?

Lenz: Wir erhalten in den vergangenen Wochen zunehmend Feedbacks von Versicherten, die sich bei uns bedanken, dass wir auch in Zeiten von Corona für sie da sind. Ich finde es bemerkenswert, dass gerade jetzt solche Reaktionen kommen, obwohl wir eigentlich wie immer erreichbar sind.

Was mich echt berührt, sind Bilder aus Italien und mittlerweile auch aus Mannheim bei denen Menschen auf Balkonen und Fenstern gemeinsam singen und musizieren. Das ist für mich ein ehrliches, emotionales Zeichen von Zusammenhalt.

 

prevent.on: Sie sind als Vordenker und kreativer Geist bekannt. Welche Innovationen treiben Sie aktuell um? In welche Richtung muss die digitale Entwicklung bei Krankenkassen gehen?

Lenz: Ich bin davon fasziniert, aber auch überzeugt, dass wir mit Hilfe von digitalen Lösungen bis hin zu humanoiden Robotern für die Menschen, die mit hoher Empathie zuhören und handeln können, Freiräume schaffen müssen. Wir wünschen uns sicher Alle, dass immer ausreichend viele Menschen als Ansprechpartner und Pflegekräfte da sind, die unsere Anliegen entgegennehmen und uns helfen. Wenn wir aber ehrlich zu uns selbst sind, wird dieser Wunsch nicht realisierbar sein. Daher plädiere ich dafür, dass wir akzeptieren, dass Teilbereiche unseres Lebens wie z.B. Informationsbeschaffung und immer wiederkehrende mechanische Hilfen auch von einer Technik übernommen werden darf. Daher glaube ich daran, dass in absehbarer Zeit Apps und Serviceroboter auch im Gesundheits- und Pflegemarkt zum Alltagsbild gehören werden. 

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